An Shkodera vorbei geht es auf halbwegs anständiger Straße Richtung Fährhafen Komran. Mitten durch Albanien zieht sich der Dire-Fluss. Um die Entfernungen besser zu überbrücken, beschloss man den Stausee und den Fluss schiffbar zu machen und den Menschen anzubieten, schneller in den Norden zu kommen. Es soll eine landschaftlich reizvolle Fahrt sein. Über den Rückweg per Auto lesen wir nichts – aber es führt eine Straße zurück. Die restlichen 20 km nach Komran sind in der Karte weiß eingezeichnet. Weiß ist nicht gleich weiß … Diese „Weiße“ ist ein Konglomerat von Schlaglöchern unterbrochen von kleinen Flecken Teer. Emmentaler Strecke – Hier fliegen die Löcher aus der Straße …

Unser Bulli kämpft sich tapfer durch. Würde nicht immer noch den Weg anzeigen und auch die Kilometer entsprechend runterrechnen hätten wir schon Zweifel bekommen, ob wir noch richtig sind. Aber siehe da – es kommt die beschriebene Brücke am Fuße der Staumauer und der rechts nach der Brücke liegende Campingplatz.

Auf den Seeterrassen am Fluß
Auf den Seeterrassen am Fluß

Das Restaurant ist unter der Brücke eingebaut.
Das Restaurant ist unter der Brücke eingebaut.

Außer uns ist keiner da. WLAN? Nein hier gibt es Schlafen, Essen und Trinken und sonst nix, klärt man uns auf. O.k. auch gut. Was wir essen wollen? Fisch und Fleisch und Salat und Kartoffeln. (Das wird uns den Urlaub über begleiten …) Und was ist mit der Fähre? Ja – das sei schwierig … Ach ja? Gut, so ein Stausee und darauf fahrende Schiffe mit Autos drauf. sind schon etwas Besonderes und deshalb gibt es auch viele Geschichten und Gerüchte rund um die ominöse Fahrt in den Norden.

Variante 1: Also, ob die Fähre nun fährt kann man heute nicht sagen, weil es könnte zu wenig Wasser im Teich sein. Auch sollen zwei der drei Fähren kaputt sein. Im gleichen Moment erreicht uns eine SMS von Freunden, dass die Koman-Fähre wegen zu wenig Wasser nicht fährt. Da haben wir es amtlich!

Variante 2: Im Oktober sind nur noch wenig Urlauber da und wenn es zu wenige Autos sind, fährt die Fähre eben nicht. Das ist wie mir den Shuttle-Fliegern nach Mallorca.

Nach und nach füllt sich der Campingplatz und es kommen nicht nur neue Passagiere, die bringen auch neue Infos mit:

Variante 3: Die Fähre nimmt nur drei Fahrzeuge mit und Einheimische haben Vorrang.

Gerüchte und Geschichten hin und her, der frühe Vogel fängt den Wurm – der frühe Camper kriegt den Platz auf der Fähre.

Und so sind wir um 7:15 h startklar und fahren Richtung Fähre. Ein paar Kurven und dann kommt ein spektakulärer Tunnel. In Stein gemeißelt mit Windungen und Kehren, plötzlich tut sich ein Licht auf und wir sind am Fährhafen. Es liegen zwei Fähren am Ufer – die eine sei kaputt auf die andere dürfen wir sofort auffahren. Aber Bitteschön rückwärts. Kein Problem – wenn nicht der freundliche junge Mann erst mal die Außenspiegel weggeklappt hätte. Wild winkt er und es passt – auf den Millimeter und auch nur weil die Außenspiegel weggeklappt sind. Ab und an langt er mir durch das Seitenfenster ins Lenkrad – korrigiert hier und da und schon sind wir eingepasst. Oben und auf der Seite sind es noch ein paar Millimeter.

Das Treiben im Hafen nimmt zu und wir beschließen für Kaffee und Frühstück in eines der angrenzenden Kneipen zu gehen. Breakfast? – only Coffee … Gut wir packen unsere Sachen aus dem Kühlschrank in den Rucksack und gehen Frühstücken. Unter den zweifelnden Blicken der anderen Gäste – nur Männer mit und ohne Raki – lassen wir es uns schmecken.

Fast punkt Neun Uhr legen wir ab. Eine wunderschöne Fahrt wie durch skandinavische Fjorde erwartet uns. Es ist etwas ganz besonderes und es wäre echt schade gewesen, wenn wir das nicht hätten erleben dürfen. Zweieinhalb Stunden geht es durch steile Berge und an grünen und herbstbunten Berghängen vorbei. Unterwegs legt die Fähre kurz am Ufer an und übernimmt von einem dort wartenden Mann eine Tasche mit dem Vesper für die Crew. Rechts und links sehen wir immer mal wieder kleine Berghöfe. Wir überlegen, ob die Menschen dort mit ihrem Schicksal rundum zufrieden sind oder von der großen Stadt träumen. Wo, wie und ob die Kinder zur Schule gehen, können, müssen oder dürfen? Keine Ahnung, es ist eine andere Welt.

Es wird halb zwölf und wir legen am Ufer bei Fierze an. Der Ort ist ein ganzes Stück weg, nur eine kleine Kneipe gibt es. Mit den Mitreisenden – einige sind ohne Auto und fahren wieder zurück – machen wir in der Sonne noch eine kleine Jause und dann fahren wir los.


Es lässt sich gut an – die Landschaft ist gigantisch, der „Canyon“ des Direfluß ist vielarmig und beeindruckend. Hoch oben führt die Straße entlang durch die Waldregion, die durch die Farben des „Indian Summer“ besser „Albanien Summer“ beeindruckt. Hoffentlich ist sie nicht mal irgendwo ein Stück abgerutscht, so dass wir nicht durchkommen. Verkehr ist gleich Null – wir sind die Einzigen. Ab der Hälfte der Strecke ist die Straße neu geteert. Heißa wie das flutscht … Allerdings nur bis zur Baustelle und das bleibt dann auch so. Zwischen allen denkbaren Straßenbaufahrzeugen und –maschinen schlängeln wir uns kilometerlang durch. Ein Stück ist schon fertig, das andere wartet noch auf den neuen Belag und der Großteil ist „vorbereitet“ – Schotter und Schlaglöcher. Hei, welch ein Spaß – und aller Spaß hat ein Ende, wir landen unvorhergesehen auf der Autobahn, deren gerade erstellte Zufahrt unser TomTom noch gar nicht kannte und sind zackbum in Potok, einem Fischerdorf mit Restaurant in der Lagune. Unsere Freunde sind schon da, haben einen Tisch gebucht und wir haben ein Abendessen mit traumhaftem Sonnenuntergang und Blick in die Lagune. Eine ruhige Nacht erwartet uns und hielt, was sie versprach.

Ein Bett direkt an der Lagune

 

Die Route

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