Argolis – wie das schon klingt. So erhebend, so vielversprechend. Nach der Stadt Argolis, die einst das wichtigste Zentrum der Mykenischen Kultur war, erhielt dieser Landstrich seinen Namen. Es ist der erste oder letzte „Finger“ des Peloponnes, wenn man diese Halbinsel wie eine Hand eines Sägewerkers interpretieren mag … Und wenn schon Hand, dann ist Argolis ganz klar der Daumen.

Wir verlassen also Korinth und fahren gen Süden. Highlight es Tages ist Epidauros. Eine antike Ausgrabungsstätte mit einem imposanten Theater, dass noch komplett erhalten ist und in den Sommermonaten für Konzerte genutzt wird. Die Akustik ist phänomenal. Wie in den Reiseführern vorgeschlagen, kommen die Besucher, stellen sich in die Mitte und werfen eine Münze. Vati muss mit den Kindern die 55 Sitzreihen hinaufsteigen und Mutti wirft die Münze. Staunend hören die Kinder, wie die Münze mit einem hellen Klang auf den Boden fällt. Ok – so lernt man Akustik. Anschauungsunterreich in den Ferien. Auch wie bereits beschrieben kommen diverse Reisegruppen, die mit ihren Reiseleitern dann Lieder oder auch die entsprechende Nationalhymne anstimmen. Alle anderen Besucher klatschen dann breav und schon ist man mittendrin und fühlt sich wie vor 2000 Jahren, als Epidauros die wichtigste, größte und berühmteste Kulturzelle und Kurort war.

Ein Grundriss, unweit der Theaters zeugt von einer Beherbergungsstätte mit 160 Zimmern. Das ist ein ordentliches Resort, wie man heute so schön sagt. Die Informationen gehen jetzt ein wenig durcheinander ob es nun ein Hospital, Hostel, Hotel oder Kranken- bzw. Kurhaus war. Aber gut so genau kann ich da eben auch keiner mehr erinnern. Ein riesigen „Fußballplatz“ also das Gymnasium mit Tribünen ist noch zu bestauenen und einige Säulen wurden aufgerichtet um zu zeigen welche ein Prunk und Ausmaß dieser Ort hatte. Ich bin ja von so alten Steinen immer wieder ganz beeindruckt und stelle mir vor wie da früher gelebt, gearbeitet und gefeiert wurde.

Ich setze mich auf einen der warmen Steine, beobachte die Besucher und mache mir so meine Gedanken. Auf unserer Reise wundern wir uns immer wieder, wieviel an verlassenen Häusern, Bauruinen und „lost places“ da so herumstehen. Schon 2003 als wir mit dem Schiff in Griechenland waren haben wir uns gefragt, warum man das nicht abreist, aufräumt und dann was Neues baut oder das eine oder andere noch zu rettende Gebäude renoviert und in Schuss hält. An dieser altehrwürdigen Stätte dämmert mir der Hintergrund. Ich denke, ganz tief in der Seele des Griechen ist der entscheidende Gedanke verwurzelt. „Wo nichts verfällt, kann auch nichts ausgegraben werden. Alles ist ein Dokument der Zeit. Wo nichts ausgegraben wird, kann auch nichts besichtigt werden und wo nichts besichtigt werden kann, kommen auch keine Touristen.“ Ja – liebe Leute so funktioniert nachhaltiger Tourismus. Da können wir uns mal eine Scheibe von abschneiden. Wir mit unseren paar König-Ludwig-Schlössern aus dem vorletzten Jahrhundert können gegen diese echten Altertümer nicht ankommen.

Da werden unsere UrUrUrUr … Enkel dann mal eine ausgegrabene Tankstelle besichtigen dürfen und sich wundern was die Leute damals für ihre Autos für merkwürdige Flüssigkeiten zu exorbitanten Preisen benötigten … Apropos auch in Griechenland sind die Sprit bzw. Dieselpreise ganz schön happig. Zwischen 1,86 und 2,10 € kann man schon für einen Liter Diesel investieren. Ich bemühe mich möglichst spritsparend zu fahren, trotzdem hat unser Hymerchen dann doch öfters ein Hüngerchen …

Auf dem Weg nach Süden fahren wir nach Methano. Wir dachten, dass wir dort damals mal eine Nacht verbracht haben. Können uns aber nicht mehr erinnern. Der Ort macht einen verlassenen Eindruck. Die große Badeanstalt am Ortseingang ist zu und verfällt gerade. Das Becken mit dem heilenden Wasser ist noch da, es ist aber alles eingezäunt, so dass man da auch nicht baden kann. Im Hafen liegen viele Schiffe, jedoch alle nicht bewohnt nur zum überwintern oder als Liegeplatz. In das Hafenbecken fmündet auch eine Quelle von dem schwefelhaltigen Wasser. Die Bucht ist von dem speziellen Geruch überzogen. Im Ort gibt es viele Geschäfte und Lokale, die meisten haben zu und in ein paar sitzen vereinzelt Einheimische. Es mutet alles ein wenig merkwürdig an. Ich recherchiere. Methano war früher ein properierender Kurort. In den 80 iger Jahren kamen dann nur noch wenige, vorwiegend ältere Gäste, weil man irgendwie den Anschluss an die Zeit verpasst hatte. Dann übernahmen private Investoren die früher staatliche Badeanstalt. So wie das halt mit „Zugroasten“ ist, sie wurden in all ihren Bemühungen ausgebremst und gaben dann sowohl den Kampf als auch das Bad auf. Mal wieder was, was mal ausgraben kann …

Wir fahren dann einige Stellplätze für die Nacht an. Bei keinem können wir uns so recht erwärmen und landen dann letztendlich auf einem Campingplatz gegenüber von Hydra. Hydras Wave – wir sind bis auf einen anwesenden Dauercamper die einzigen Gäste. Es ist ein bisschen spooky – dafür sehr friedlich und still. Der Campingplatzbesitzer ist sehr freundlich und kocht uns sogar ein Abendessen. Duschen und Toiletten sind alt aber sauber. Man kann hier auch gleich zum Strand gehen. Wir fragen warum so wenig los ist und man erklärt uns, es sei noch Nebensaison. Nach dem 15.6. würde es hier so richtig losgehen. Dafür sollte dann mal aber auch am Strand ein wenig passieren. In vier Tagen ist der 15.! Es stehen Farbkübel am Strand und es sieht so aus, als wenn da jemand sich mit Maler- und Schreinerarbeiten auf die Hauptsaison vorbereitet. Ok wird schon klappen. Wir fahren weiter nach Didima.

Didima ist eine Natursehenswürdigkeit, eine eingebrochenen Karsthöhle mit 100 m Durchmesser und 40 m Tiefe. Schon von weitem können wir ein großes Loch an einem karstigen Berg sehen. Dies ist die zweite Doline, die zwar größer aber nicht so eindrucksvoll als die davorliegende ist. Es ist eine ganz merkwürdige Stimmung da sich am Himmel ein Gewitter zusammenzieht. Es blitzt und donnert und wir fahren trotzdem den Schildern nach als wir plötzlich vor einem Stacheldrahtzaun stehen. Ein umzäuntes Gittertor steht offen und ein tiefer Schacht mit Treppen führt ins Innere der Erde. Wir sind ganz alleine und uns herum tobt das Gewitter. Ich bin ja erst so ein bisschen mißtrauisch, ob ich wirklich da in den Schlund klettern soll. Ein solides Geländer und weiß gestrichene Wände machen dann letztendlich doch einen vertrauenserweckenden Eindruck. Also wir haben uns ja vorher auch informiert. Ich steige die Treppen hinab und komme auf dem oberen Rand eines riesigen Erdloches an. Ich sehe steile, schroffe Felswände und zwei kleine Kirchen, die dort in den felsigen Hand hineingebaut worden. Sie sehen ganz lustig aus, wie sie da so eingequetscht sind und man das Gefühl hat, sie würden den Fels halten. Mit Gottes Wille – ist alles möglich … Es führt ein Weg rund um dem Krater. Eine kleine Schildkröte begrüßt mich und als ich auf halben Weg der „Lochumrundung“ bin, fängt es leider ordentlich das regnen an und ich gehe zurück. Wir fahren mitten in das Gewitter hinein, folgen brav unserem Navi Richtung Mykene.

Also wenn schon Griechenland, dann muss man zumindest die wichtigsten Ausgrabungen ansehen. Wir haben Glück, ist es gerade bewölkt und nicht so heiß und wir scheinen einen guten Moment erwischt zu haben, denn es so gut wie nichts los. Wir bestaunen das berühmte „Löwentor“, machen Fotos und ich laufe den Berg bis ganz oben hinauf. Die Mühe wird mit einer umwerfenden Aussicht belohnt. Ich beobachte, wie sich ganz plötzlich eine Menschenschlange wie eine Ameisenstraße in meine Richtung bewegt. Ah – da sind mehrere Omnibusse angekommen. Die Ameisen tragen zwar keine „Nestbauteile“ mit sich herum, dafür aber hat jeder eine Wasserflasche in der einen Hand und in der anderen ein Handy. Beides wird abwechselnd vor das Gesicht gehalten. Bevor der Rückweg verstopft ist, mache ich mich an den Abstieg und wir suchen auf der Karte und in den diversen Führer und Apps nach einer nächtlichen Übernachtungsmöglichkeit.

Die ersten angefahrenen Ziele erweisen sich als entweder nicht schön, oder schlicht und einfach nicht praktikabel. Ich fahre doch nicht über eine winzige, wacklige Brücke die nach erster Einschätzung höchstens für die Breite eines Fiat Pandas ausgelegt ist. Der in dem Moment auch tatsächlich passiert und meine Einschätzung bestätigt. In Kiveri werden wir jedoch mit einem tollen Übernachtungsplatz direkt am Meer, wenig los und ruhig, fündig. Man muss halt ein wenig Geduld haben. Entlang des Kiesstrandes führt eine Promenade und man dort Liegen und Schrime mieten. Im Ort, in bequemer Laufnähe gibt es diverse Lokale für das Abendessen und sogenannte Beachclubs in denen sich die Schickeria von Kiveri offensichtlich an Samstagabend trifft. Die Damen sind ausgesprochen hübsch und gestylt, die Männer ebenso und alle kommen mit großen, schwarzen, sauberen Autos. Wahrscheinlich ist der Ort ein Feriendomizil für reiche Griechen. Das hätte ich so nicht erwartet.

Wir lassen den Abend mit Wellenrauschen oder wie man so schön sagt, mit Wassermusik und einem Glas Ouzo ausklingen.

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